Als Millionen von Flüchtlingen und Heimatvertriebenen aus den deutschen Ostgebieten und aus der sowjetisch besetzten Zone in den Westen strömten, waren bald sämtliche Zimmer, Bodenkammern und Kellerräume in den Städten und Dörfern belegt. Es wurden große Barackenlager als Notunterkünfte eingerichtet, so dass die Menschen wenigstens ein Dach über dem Kopf hatten. Erschütternde Fotos aus dieser beinahe vergessenen Zeit sind in diesem Band vereint. Sie stellen die verschiedenen Formen von Lagern dar, rufen das Bild der Lagerbewohner und ihrer Wohnverhältnisse in die Erinnerung zurück, dokumentieren die Hilfestellungen durch soziale Einrichtungen und zeigen, wie die Lager schließlich geräumt werden konnten.
Husum Druck- und Verlagsgesellschaft, Husum 1994, 95 Seiten, 125 Bilder, 1 Karte
Die Geschichte des Lagers Solomit in Kiel-Dietrichsdorf begann 1939 mit der Errichtung eines Arbeitsgemeinschaftslagers für Dienstverpflichtete der Kriegsma-rinewerft. Im Laufe des Krieges dienten Teile des Lagers u.a. als Jugendwohnheim der Marine-HJ. Später wurden Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und schließlich ab 1945 Flüchtlinge und Vertriebene in das durch den Luftkrieg schwer beschädigte Lager einquartiert. Die unerwartet raschen Fortschritte der wirtschaftlichen Eingliederung der Flüchtlinge und Vertriebenen im Zuge des allgemeinen Wirtschaftsaufschwunges der 50er Jahre führten bald zu einem erneuten Wechsel in der Belegung des Lagers. Während mit fortschreitendem ökonomischem Aufschwung die Flüchtlingslager Kiels allmählich aufgelöst wurden, verblieb eine "Soziale Nachhut" in einigen Lagern, die entweder alle Hoffnungen auf eine Verbesserung ihrer Situation verloren hatten, oder sozial unverträglich nur schwer zu integrieren war. Wegen des hohen Aufkommens dieser "Obdachlosen" und der zunehmenden Baufälligkeit der Unterkünfte, ersetzte die Stadt Kiel die nach der "Solomitbauweise" errichteten Baracken durch so genannte Schlichtbauten. Ende 1965 beherbergte das Lager Solomit 187 Haushalte mit rd. 700 Personen. Erst 1990 konnte das Lager endgültig geräumt werden. 1994 legte die damalige Ministerpräsidentin Heide Simonis den Grundstein für das Bauvorhaben "Wohn-Oase-Poggendörp".
Malik Regional Verlagsgesellschaft, Kiel 1996, 176 Seiten mit zahlreichen Bildern
Die Unterbringungskapazität der durch Luftangriffe schwer beschädigten Stadt Kiel war nach dem 2. Weltkrieg äußerst gering. Trotz massiver Versuche der sogenannten "Wohnungsamtsermittler" freien oder nur mäßig besetzten Wohnraum in den ca. 26 % noch bewohnbaren Häusern aufzuspüren, war die Lage Kiels durch den nicht enden wollenden Strom von flüchtenden oder vertriebenen Menschen aus dem Osten Deutschlands verzweifelt. Als Ausweg aus dieser akuten Wohnraumnot boten sich die in und um Kiel zahlreich vorhandenen Barackenlager an. Als "Rüstungsschmiede des Reiches" waren in Kiel ab ca. 1939 zahlreiche "Germeinschaftslager für Dienstverpflichtete" errichtet worden, die im Laufe des Krieges zunehmend mit Zwangsarbeitern oder Kriegsgefangenen belegt wurden. Nach 1945 verließen diese "Displaced Persons" die Lager und wurden Repatriiert. Die häufig beschädigten Lager füllten sich nun mit Flüchtlingen und Vertriebenen, die froh waren, wenigstens "ein Dach über dem Kopf" zu haben. Das Buch schildert die Geschichte aller 47 Lager der Stadt Kiel bis zu ihrer Auflösung.
N.G. Elwert Verlag, Marburg 1992, 606 Seiten mit 101 Fotos.
Das 1938 errichtete Lager der Kriegsmarine diente zunächst der Unterbringung von Angehörigen der "Seeziel-Artilleriestellung" und Spezialisten, die an Funkmess-Radargeräten ausgebildet wurden. Teile des Lagers beherbergten weibliche Hilfskräfte der Kriegsmarine und Marine-Hitlerjugend, die ebenfalls hier eine Ausbildung erhielten.
Nach 1945 wurde das Lager mit Flüchtlingen und Vertriebenen belegt. Neben dem "Ehemaligen Fliegerhorst" in Tönning und der "Mariensiedlung" in Garding zählte das Lager St. Peter-Böhl zu den größeren Lagern in Schleswig-Holstein. Das Buch schildert die Geschichte des Lagers von der Entstehung bis zur Auflösung im Jahre 1960. Schwerpunkte sind die Lagerschule, das Kulturelle Programm und Begebenheiten aus dem Lager.
Hrsg. von der Arbeitsgemeinschaft Ortschronik St. Peter-Ording 1986, 92 Seiten
Das Flüchtlingslager St. Peter-Böhl kenne ich aus eigener Anschauung. Von 1949 bis 1955 "wohnten" meine Familie und ich in der Baracke Bremen (oben), obwohl wir Einheimische waren. Meine Erinnerungen an das Lager und seine "Insassen" sind noch recht lebhaft. Vom Lager "Pelikan" kenne ich die meisten Bewohnerinnen und Bewohner. Als es im Februar 1951 aufgelöst wurde, zogen die meisten "Pelikaner" in das Lager Böhl um, unter ihnen viele Ausgebombte aus Hamburg.
Es ist das dritte Mal seit 1988, dass ich mich mit den beiden Flüchtlingslagern St. Peter-Ordings auseinandersetze. Ich fand immer neue Facetten. Da beide Lager nicht als Flüchtlingslager konzipiert wurden, haben sie eine Vorgeschichte. Diese und die Entwicklung, die sie im Laufe der Zeit genommen haben, erzählt das Buch.
Heute wird auf dem ehemaligen Lagergelände in Böhl "Golf" gespielt. Dabei heisst es doch immer "das Schicksal hat keinen Humor".
Verlag: Books on Demand
ISBN-13: 9783757881979
304 Seiten
Erscheinungsdatum: 06.10.2023
Kaum eine andere Form der Unterbringung weckt so sehr die Erinnerung an die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wie die Nissenhütte. Sie ist geradezu ein Symbol für die Zeit von Flucht, Vertreibung und Eingliederung geworden.
BoD 2020, 100 Seiten
ISBN 9783751968959
Preis 20,00 EUR
Weiter erschienen folgende Arbeiten zum Thema "Flucht und Vertreibung" von Dr. Uwe Carstens:
Zur Geschichte der Notunterkünfte nach dem 2.
Weltkrieg am Beispiel eines Nissenhüttenlagers, in: Jahrbuch für ostdeutsche
Volkskunde 1992.
Integration durch Kooperation. Die Eingliederung der Vertriebenen in
Schleswig-Holstein, in: Existenz und Kooperation, Rolf Fechner/Carstens Schlüter Knauer (Hrsg.) 1993.
Die Initiative Kieler Wohnlager, in: Demokratische Geschichte Bd. VIII 1993.
Die kulturelle Betreuung der Flüchtlinge im Landkreis Eiderstedt,
in: Nordfriesisches Jahrbuch 1993.
Ungarn in Kiel, in: Jahrbuch für ostdeutsche Volkskunde 1994.
50 Jahre nach Flucht und Vertreibung ...., in: Ende und Anfang im Mai 1945.
Das Journal zur Wanderausstellung des Landes Schleswig-Holstein 1995.
Die Wohnkolonie Rendsburger Landstraße. Vom Arbeitserziehungslager
zum Flüchtlingslager, in: Demokratische Geschichte 1995.
Das Problem der Flüchtlinge in Dänemark am Beispiel des Lagers
Oksbøl, in: Jahrbuch für Deutsche und Osteuropäische Volkskunde 1995.
Wie lange dauert ein Krieg, wenn er zu Ende ist?
, in: Geschichtsumschlungen. Sozial- und Kulturgeschichtliches Lesebuch 1996.
Das Flüchtlingsproblem in Schleswig-Holstein, Veröffentlichung des Schleswig-Holsteinischen Landesarchivs, Schleswig 1997, ISBN 3-931292-51-7
Strohsack und Kekssuppe. Flüchtlinge und Vertriebene in Flensburg, in: Lange Schatten. Ende der NS-Diktatur und frühe Nachkriegsjahre in Flensburg, hrsg. vom Stadtarchiv Flensburg in Zusammenarbeit mit der Universität Flensburg, Flensburg 2000, ISBN 3-931913-05-8
Die Vertriebenen in Schleswig-Holstein, in: Schleswig-Holstein von
den Ursprüngen bis zur Gegenwart. Eine Landesgeschichte, hrsg. von Jann Markus Witt und Heiko
Vosgerau, Hamburg 2002.
Die Nissenhütte, in: Carsten Fleischhauer / Guntram Turkowski (Hrsg.): Sfchleswig-Holsteinische Erinnerungsorte, Heide 2006, ISBN 3-8042-1204-2
Leben im Lager, in: Hermann Heidrich / Ilka E. Hillenstedt (Hrsg.): Fremdes Zuhause. Flüchtlinge und Vertriebene in Schleswig-Holstein nach 1945, Neumünster 2009, ISBN 978-3-529-02800-7
Die Vertriebenen in Schleswig-Holstein, in: Jann Markus Witt, Heiko
Vosgerau (Hrsg.): Geschichte Schleswig-Holsteins, Heide 2010, ISBN 978-3-8042-1313-5
Flüchtlinge und Vertriebene in Flensburg, in: Gerhard Paul, Broder Schwensen (Hrsg.): Mai '45 Kriegsende in Flensburg, Flensburg 2015, ISBN 978-3-925856-75-4